Vorträge von Prof. Dr. Michael Hofmann und Dr. Cornelia Zierau an der Akdeniz Universität
Ihre Vortragsreise ging danach noch weiter nach Muğla und an die Ege Universität in Izmir. Zunächst stellte Herr Prof. Dr. Hofmann das Thema Klimakrise und ihre Relevanz für Jugendliche bzw. die Bearbeitung derselben in der Jugendliteratur vor. Neben neuen Konzepten von Natur und Kultur erläuterte Prof. Dr. Hofmann eine mögliche Funktion der Literatur als Medium der Reflexion ökologischer Bedrohungen, wobei die Einbettung des menschlichen Lebens in ein Ganzes von Natur und Gesellschaft im Vordergrund steht.
Als Beispiel wurde zunächst der Jugendroman „Sturm“ von Christoph Scheuring (2020) vorgestellt. Das zweite Beispiel bildete der Adoleszenzroman von Sadi Lloyd mit dem provokativen Titel „Euer schönes Leben kotzt mich an“ (2008). Bei beiden Beispielen wurden der Plot, einzelne Charaktere sowie die Kritik am radikalen Klimaschutz bzw. apokalyptische Stimmungen angesichts der überwältigenden Bedrohung durch die Klimakrise dargestellt.
Anschließend ging Frau Dr. Cornelia Zierau, die zu Beginn der 2000er Jahre DAAD-Lektorin an der Universität Istanbul war, in ihrem Vortrag auf „Ökologie als Thema der Literatur und des Literaturunterrichts“ im Rahmen einer Bildung für nachhaltige Entwicklung ein. Nach einem Rundumschlag zu den Oberthemen wurde das alte, bisherige Denken im Kontrast zu einem neuen, ökologischen Verständnis und dessen Spiegelung in der neueren Kinder- und Jugendliteratur skzziert. Beispielhaft wurden der Roman „Die Wolke“ von Gudrun Pausewang (1987), der als Reaktion auf das Atomreaktorunglück in Tschernobyl erschienen war, sowie ebenfalls „Sturm“ von C. Scheuring (2020) besprochen. Auch ein älteres Werk mit Umweltbezug, „Die Wand“ von Marlen Haushofer (1968), sowie „tschick“ von Wolfgang Herrendorf (2010) fanden Berücksichtigung, bevor narrative Funktionen ökologischer Themen umrissen wurden. Frau Dr. Zierau skizzierte zum Abschluss weitere ökologische Ansätze in unterschiedlichen Gattungen, die ebenfalls Bezug zur Bildung für nachhaltige Entwicklung aufweisen.
Wehmut erfasste sowohl die Hörer im Saal als auch jene vor dem Bildschirm, die über Zoom teilnahmen, als deutlich wurde, dass der Vortrag von Herrn Prof. Dr. Hofmann zugleich einen Abschied darstellte, da er zum Ende des Sommersemesters 2023 emeritiert wird. Herr Hofmann hat sich über zwei Jahrzehnte hinaus außerordentlich für die deutsch-türkischen Wissenschaftsbeziehungen im Bereich der deutschsprachigen, auch interkulturellen Literatur engagiert. Zahlreiche vom DAAD geförderte Kooperationen fanden mit den Universitäten Istanbul, Marmara, Ege und Muğla statt, nicht gezählt die vielen Erasmusabkommen mit anderen türkischen Hochschulen. Dabei war Herr Hofmann immer sehr integrativ und kollegial, hat möglichst viele Fachbereiche für Germanistik oder Deutsch für das Lehramt in die Projekte einbezogen und sich besonders für die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses eingesetzt. Die deutsch-türkische Forschungslandschaft der letzten Jahrzehnte im Bereich interkultureller Literatur ist ohne ihn undenkbar. Er war stets ein zuverlässiger Ansprechpartner für Germanist*innen aus der Türkei und hat sie ungeachtet der bilateralen, tagespolitischen Aufs und Abs persönlich und mit großer Hingabe betreut. Auch all die wertvollen Standardwerke, die Herr Prof. Dr. Hofmann selbst oder gemeinsam mit deutschen und türkischen Wissenschaftler*innen hervorgebracht hat, haben Generationen von Nachwuchsgermanist*innen als zuverlässige Quellen gedient und tun es noch.
Allzu viel wäre noch zu sagen zu all den wertvollen Erkenntnissen, Hilfen, Kooperationen und Förderungen, die dank ihm möglich wurden. Lieber Herr Prof. Dr. Hofmann, an dieser Stelle möchte ich Ihnen im Namen aller DAAD-Lektorinnen und Lektoren sowie Germanistinnen und Germanisten in der Türkei einen tiefempfundenen Dank aussprechen, in herzlicher Verbundenheit und in Vorfreude darüber, dass Sie uns trotz Emeritierung in einigen Zusammenhängen noch erhalten bleiben! Danke für alles!
Nilgün Yüce