Abschied von der Istanbul Kültür Universität
Nach zwei Jahren als Fachlektor des DAAD an der Istanbul Kültür Universität verabschiede ich mich. Es waren zwei sehr intensive Jahre an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät. Und eine Sache vorweg: Ich werde die Kültür Universität weiterhin bei Projekten in der deutsch-türkischen Wissenschaft unterstützen.
Zu den klassischen Aufgaben eines Fachlektors des DAAD gehört die Kulturmittlertätigkeit für die Bundesrepublik Deutschland. Er vertritt die kulturellen und wissenschaftlichen Interessen und Belange, gefördert vom Auswärtigen Amt. Neben dem Kulturreferat des Konsulats, Goethe-Institut, den aus Deutschland entsandten Lehrerinnen und Lehrern der deutschen Schulen und den Stiftungen sind wir DAAD-Geförderte mithin die wichtigsten Vertreter:innen der Bundesrepublik in Istanbul auf dieser Ebene.
Aus dem Auftrag heraus habe ich deutsches Recht auf Deutsch und Türkisch gelehrt, Wissenschaftler:innen und Studierende im Hinblick auf Programme des DAAD, deutscher Universitäten und anderer deutscher und europäischer Organisationen beraten und deutsche und türkische Wissenschaftler:innen und Studierende zusammengeführt, sprich miteinander vernetzt. Diese Aufzählung ist nicht abschließend.
Das Interesse an meiner Fakultät war riesig. Zum Beispiel sind aktuell deutsche Masterprogramme gefragter denn je. Besonders stolz bin darauf, dass mit meiner Unterstützung dieses Jahr 8 Absolventinnen und Absolventen meiner Fakultät eine Zusage für ein Masterprogramm in Deutschland erhalten haben. Mit 11 deutschen Universitäten haben wir Erasmus-Kooperationen. Besonders glücklich bin ich über die sehr guten Verbindungen zu den Universitäten Bremen, Heidelberg, Osnabrück und Leipzig, die über die letzten zwei Jahre weiter ausgebaut werden konnten. Für die Universität Osnabrück war ich als Experte auf dem Gebiet der Organisierten Kriminalität an einem Forschungsprojekt angebunden.
Allein im letzten Jahr hatten wir 25 Veranstaltungen mit Deutschlandbezug an der Fakultät. Betonen möchte ich dabei unser EU-Zertifikatsprogramm mit der Konrad-Adenauer-Stiftung, an dem über 100 Studierende erfolgreich teilgenommen haben. Darüber hinaus hatten wir wunderbare Expertinnen und Experten aus Deutschland zu Besuch, wie z.B. Herrn Generalkonsul Regenbrecht, der über die deutsch-türkischen Beziehungen sprach, Dr. Jenny Edlund, die über die Europäische Union und die Beziehungen zur Türkei referierte, Rechtsanwalt Dr. Martin Manzel (ehemaliger DAAD-Fachlektor), der über das neue Einwanderungs- und Einbürgerungsrecht berichtete, die ehemalige Landgerichtspräsidentin aus Bremen, Karin Goldmann, die von ihrem schwierigen Weg, als Frau in der Justiz Karriere zu machen, schilderte, die psychiatrische Gutachterin und ehemalige Chefärztin Ute Franz, die über die strafrechtliche Verantwortung bei Straftätern einen exzellenten Vortrag hielt, Amtsgerichtspräsident Prof. Dr. Dr. Scholz, der über den rechtlichen Umgang mit muslimischen Leben in Deutschland sprach und die Vorsitzende Richterin am Kammergericht Antje Kersting-Scholz, die zu den aktuellen Entwicklungen im deutschen Straf- und Strafprozessrecht Auskunft gab.
Mit der Nationalen Polizeiakademie veranstalteten wir großartige Konferenzen zum Straf-, Strafprozess- und Versammlungsrecht, an denen u.a. deutsche Expertinnen und Experten wie VRLG Dr. Torsten Schwarz, Prof. Dr. Stefanie Kemme, Prof. Dr. Niclas-Frederic Weisser, Prof. Dr. Kristin Pfeffer, Prof. Dr. Till Zimmermann, Prof. Dr. Lasse Dinter, VROLG a.d. Klaus-Dieter Schromek und weitere hochrangige Vertreter:innen deutscher Staatsanwaltschaften, Gerichte und Polizeibehörden teilnahmen.
Sehr gut in Erinnerung bleibt mir auch der Besuch mit meinen Studierenden in Ankara bei der Vertretung der Europäischen Kommission und der deutschen Botschaft, die sich sehr viel Mühe gegeben hatten, dass wir uns wohl fühlten. Besonders beeindruckt zeigten sich die mitreisenden Studierenden, dass sich der EU-Chefdiplomat Herr Meyer-Landrut persönlich für uns Zeit nahm.
Mir war es immer wichtig, dass die Studierenden deutsche und europäische Institutionen kennenlernten. Über den Tellerrand schauen und immer wieder Neues entdecken, das war meine Philosophie. So besuchten wir auch das Belgische Generalkonsulat und Generalkonsul Tim van Anderlecht referierte über die EU-Ratspräsidentschaft und die Aufgaben und Verpflichtungen, die eine solche Präsidentschaft mit sich bringt. Besonders beeindruckt waren wir auch von dem Gegenbesuch des Generalkonsuls an unserer Fakultät.
Es war nie mein Ansatz, den Studierenden in ‘rechthaberischer’ Manier zu erklären, was Diplomatie, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Gewaltenteilung, Menschenrechte und Friedenssicherung bedeuten, sondern sie sollten es selbst hautnah erfahren und erleben. Und ich glaube, dass meine Intention sehr gut aufgegangen ist.
Neben den Aufgaben in der Fakultät ist es außerordentlich wichtig, dass sich alle deutschen Kulturmittler:innen in der Türkei besser vernetzen und zusammenarbeiten. Ich hatte das deutsche Generalkonsulat unter der Leitung des Generalkonsuls Johannes Regenbrecht und das Kulturreferat unter der Leitung von Rüdiger Kappes stets an meiner Seite und dafür bin ich sehr dankbar. Ich durfte etliche Male mit meinen Studierenden das Generalkonsulat besuchen und unvergessen bleibt für alle die feierliche Übergabe der Zertifikate an die Studierenden, die an der ersten Studienreise nach Deutschland im Juli 2023 teilgenommen hatten. Dieses Jahr findet die zweite Studienreise nach Deutschland statt. Ein weiteres Highlight!
Was mich persönlich unglaublich stolz macht, ist die diesjährige Förderung durch das Auswärtige Amt unserer Internationalen Menschenrechtsakademie der Rechtswissenschaftlichen Fakultät, die im Oktober 2024 in Izmir stattfindet. Denn die Förderung stellt eine ganz besondere Wertschätzung der bisherigen Arbeit dar. Auch hier haben wir mit dem Generalkonsulat mit dem Menschenrechtsreferat einen sehr starken Partner.
Was bleibt und wie ist mein Fazit
Die zwei Jahre haben sich für meine persönliche und fachliche Weiterentwicklung absolut gelohnt. Ich konnte ein sehr großes Netzwerk aufbauen, welches auch nach meiner Zeit als Fachlektor bestehen bleibt. Ich breche meine Zelte in Istanbul nicht ab. Die Universität möchte weiterhin mit mir zusammenarbeiten, was mich sehr glücklich macht. Ich werde daher oft in Istanbul sein.
Für meine Kinder war es eine unglaublich bereichernde Zeit. Sie haben sich unglaublich positiv weiterentwickelt. Und daran haben die Deutsche Schule Istanbul und die Deutsche Botschaftsschule einen erheblichen Anteil. Meine Frau und ich waren sehr glücklich und wir haben neue Freunde gewinnen können.
Ich habe zu danken. Danken möchte ich meinem Dekan Herrn Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Bahri Öztürk und seinem Team, die mich immer großartig unterstützt haben, und den unglaublich engagierten Wissenschaftler:innen Dr. Ögr. Üyesi Efser Erden Tütüncü, Dr. Ögr. Üyesi Muharrem Tütüncü und Dr. Nilüfer Köker (L.LM. ), mit denen wir viel Gutes für die deutsch-türkische Wissenschaftskooperation bewirkt haben und hoffentlich noch erreichen werden.
Ich möchte an dieser Stelle auch insbesondere dem ehemaligen Leiter des DAAD in Istanbul, Herrn Dr. Volker Schmidt, mit seinem Team Murat Kemaloğlu und Elvan Gümüş danken, die immer mit Rat und Tat zur Seite standen. Selbstverständlich gebührt mein Dank auch meinen lieben und hilfsbereiten Kontaktpersonen des DAAD in Bonn, den Damen Hanusch, Lamberz, Schlamm, Wiegand und Brehm.
Ich wünsche allen verbliebenen Kulturmittler:innen in der Türkei alles Gute!
Dr. Akif Hilal Öztürk